Die Frage möchten Sie sich gar nicht stellen. Die Frage: Was tun, wenn die Bomben wieder fallen? Wieder auf Berlin fallen, auf Potsdam und beide ehemalige deutsche Staaten fallen?
Warum möchten Sie sich diese Frage nicht stellen? Weil Sie eine Wiederholung eines Krieges wie den von 1914 bis 18 und den von 1939 bis 45 für ausgeschlossen halten? Warum halten Sie das für ausgeschlossen? Weil die Kriege heute anderswo stattfinden? Anderswo gab es auch in den Jahren vor 1914 und vor 1939 andere Kriege. Das ist keine Neuigkeit. Weil Deutschland heute ja, was es will, mit friedlichen Mitteln bekommt? Daß die Mittel zeitweise friedlich sind, beweist nicht, daß der Zweck es auch ist. Hat nicht sogar Hitler Österreich auch mit friedlichen Mitteln bekommen? Und dann einen Teil der Tschechoslowakei mit dem "Münchner Abkommen" vom September 1938? Alles, ohne einen Schuß abzugeben. Bis er 1939 zu weit ging und sich wegen Polen die Kriegserklärungen von England und Frankreich einhandelte ...
Vielleicht mögen Sie sich die Frage "Was tun, wenn die Bomben fallen?" aber auch deswegen nicht stellen, weil Sie nicht wüßten, auf welcher Seite Sie in solch einem Fall stehen würden. Auf welche Seite Sie sich stellen würden. Auf die Seite Ihres Vaterlands oder auf die Seite derer, die wieder Bomben auf Deutschland werfen? Vielleicht sagen Sie: "Das kommt darauf an, wer wen angegriffen hat." Ob es von deutscher Seite ein Angriffs- oder Verteidigungskrieg ist. Wie erwähnt, wurde allerdings auch Hitler "angegriffen", von England und Frankreich.
Aber vielleicht antworten Sie auf die Frage "Was tun, wenn die Bomben wieder fallen?" auch ganz einfach: "Ich geh' in den Luftschutzkeller." Nur: Was haben Sie davor getan? Was tun Sie danach? Der noch nicht aufgespürte Widerstandskämpfer, der Schutz im Luftschutzkeller suchte, war ein anderer als der, der nur den Schutz suchte! Und Juden durften erst gar nicht rein. Aber sie waren zugleich froh, als in Dresden die Bomben fielen. Auch weil diese ihre anstehende Deportation verhindert hatten und einigen das Leben retteten ...
"Deutschland ist heute aber ein Rechtsstaat." Sagen Sie. Nur: für die Frage, ob man dafür oder dagegen ist, ob Deutschland einen Krieg führt, ist es unerheblich, ob es ein Rechtsstaat oder ein "Unrechtsstaat" ist. Es darf keinen mehr führen!
Aber lassen wir die Frage. Einig sind wir uns vielleicht darin, daß alles zu tun ist, damit es nicht wieder so weit kommt, daß Bomben auf Deutschland fallen. Aber die Frage, wo Sie stehen, müssen Sie sich auch dann gefallen lassen! Tun Sie es, weil Sie Deutschland schützen wollen? Oder tun Sie es, weil Sie die Welt und sich selbst vor Deutschland schützen wollen?
Eine Antwort, die Sie sich anschauen können, wird die Aktion "Das Begräbnis oder DIE HIMMLISCHEN VIER" geben. Am 13. Mai in Berlin und Potsdam und am 14. Mai in Potsdam. Anläßlich des 60 + 1 Jahrestages der Befreiung vom Hitlerfaschismus. Zu Lande, zu Wasser und in der Luft. Zusammen mit Vier von denen, welche die Welt vom Hitlerfaschismus befreiten und von denen nicht mehr so viele leben, daß wir uns es schon deswegen nicht erlauben können, dieser Befreiung nur alle Jahrzehnte zu gedenken.
An dieser Aktion wird auch ein Wesen teilnehmen, das für Deutschland stehen kann: 1945 niedergeschlagen, in Stücke gerissen, nach und nach wieder auferstanden und von seinen Fesseln fast befreit ... Es wird ein Krokodil sein. Und mit ihm werden die "HIMMLISCHEN VIER" konfrontiert sein, wenn sie am 14. Mai den deutschen Soldaten aus Brechts "Legende vom toten Soldaten" ein für alle Mal begraben wollen. Sie müssen schon kommen, um zu sehen, was dann passiert.
Bis dann also!
Noch etwas. Zuvor, am Abend des 13. Mai, wird ein Weltkriegsbomber über Potsdam an die Bomben erinnern, mit denen diese Stadt zerstört wurde. Durch den letzten Hauptbomberangriff des bislang letzten Weltkriegs.
Sie werden also einiges zu sehen bekommen, wenn Sie wollen. Und wer den "Anachronistischen Zug" von 1980 und 1990 noch kennt oder die "Legende vom toten Soldaten" von 1989, mag ahnen, was er von einer Aktionsregie von Thomas Schmitz-Bender und den vielen Mitstreitern zu erwarten hat.
Oder, um es in Worte zu fassen, wieder und wieder in die Worte, die Bertolt Brecht seine Antigone zu ihrem Kriegsherren sagen läßt:
Besser zwischen den Trümmern der eigenen Stadt
Säßen wir doch und sicherer auch als mit dir
In den Häusern des Feinds.